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31. Juli 2012 / AL

Woher kommt unser Geld? – Teil 2: Wie Geld entsteht

„Würden die Menschen verstehen, wie unser Geldsystem funktioniert, hätten wir eine Revolution – und zwar schon morgen früh.“
Henry Ford (1863-1947), amerikanischer Unternehmer und Gründer der Ford Motor Company

Geldschöpfung: Zentralbankgeld
Wie im ersten Artikel beschrieben ist unser heutiges Geld sogenanntes Fiatgeld – ein Zahlungsmittel, das der Staat vorschreibt und das alle gewohnheitsmäßig als Zahlungsmittel akzeptieren. Aber wo und wie entsteht es?
Im ersten Schritt ist es die Zentralbank (auch Notenbank genannt), die das Geld erschafft, und zwar per Federstrich als Gutschrift auf einem Konto: Sie erschafft dieses Geld sozusagen „aus dem Nichts“ und kann dementsprechend unendlich viel Geld erzeugen. Die zweite „Herstellungsmethode“ ist das Drucken von Banknoten und das Prägen von Münzen. Davon erzeugt die Zentralbank genug, dass genug Bargeld für den täglichen Zahlungsverkehr zur Verfügung steht und jederzeit Bargeld von Bankkonten abgehoben werden kann. Im Januar 2008 lag die Menge an Zentralbankgeld bei ca. 900 Mrd. €, davon ca. 700 Mrd. € Bargeld. Allerdings ist das Bargeld deutlich beständiger als das Zentralbankgeld auf den Konten; letzteres wird ständig neu geschaffen oder wieder vernichtet.

Das erschaffene Geld muss aber erst einmal in Umlauf gebracht werden, und das geschieht über die Geschäftsbanken in Form einer Versteigerung: Die Zentralbank erklärt, wieviel Geld sie zur Verfügung stellen wird, die Banken bieten einen Zinssatz an, den sie für eine bestimmte Summe zahlen werden (mindestens aber den von der Zentralbank festgelegten sog. Hauptrefinanzierungssatz, umgangssprachlich als „Leitzins“ bekannt). Das Geld wird dann den Konten der Bieter bei der Zentralbank gutgeschrieben (und in dem Moment erzeugt), wobei die Höchstbieter zuerst zum Zug kommen (sog. Zinstender-Verfahren).* Die Banken müssen bei der Zentralbank geeignete Wertpapiere im Wert des ersteigerten Geldes hinterlegen. Diese Papiere können z.B. Staatsanleihen sein, aber auch einfach von der Bank herausgegebene Schuldverschreibungen (Schuldscheine), solange die Bank als kreditwürdig gilt.
An dieser Stelle befindet sich das aus dem Nichts geschaffene und gegen Wertpapiere versteigerte Geld auf dem Konto, das die Geschäftsbank bei der Notenbank hat. Hier wird es interessant (und leider ein bisschen kompliziert): Denn im Gegensatz zur allgemeinen Wahrnehmung verleiht die Geschäftsbank dieses Geld nicht an ihre Kunden weiter. Wenn ein Kunde sich bei der Bank Geld leiht, erschafft sie statt dessen einfach neues.

Geldschöpfung: Giralgeld
Dieses Geld, das die Bank selbst erschaffen kann, nennt sich Giralgeld. Giralgeld existiert nur innerhalb der Bank, die es erschaffen hat, und zwar auf den Konten ihrer Kunden; im Grunde genommen ist es nichts anderes als ein Versprechen der Bank, dem Kunden auf Verlangen Zentralbankgeld in Form von Geldscheinen auszuzahlen. Auch wenn der Kunde Geld an eine andere Bank überweisen will, muss die Bank dafür Zentralbankgeld nutzen (warum, und wie das funktioniert, erkläre ich gleich).
Wenn ein Kunde bei einer Bank einen Kredit aufnimmt, schreibt ihm die Bank das Geld auf seinem Konto gut, einfach durch eine Eingabe in ihrem Computer. Die Bank muss dabei lediglich zwei Bedingungen einhalten:  1. Je nach dem, wie riskant der Kredit ist, muss sie einen gewissen Prozentsatz der Kreditsumme in ihrem eigenen Geld (= ihrem Eigenkapital) als Sicherheit  beiseite legen. 2. Sie muss einen gewissen Prozentsatz des Geldes, das sie erschaffen und verliehen hat (die sogenannte Mindestreserve), auf ihrem Zentralbankkonto haben. In der Eurozone liegt dieser Prozentsatz seit Januar 2012 bei 1% (davor 2%). Die Mindestreserve wird übrigens von jeder Zentralbank einzeln festgelegt – in der Schweiz liegt sie zur Zeit (Januar 2013) bei 2,5%, in den USA bei 10%, in China bei 20%. Seit dem Beginn der Finanzkrise 2007 gewinnt übrigens die Idee einer 100%igen Mindestreserve wieder Anhänger. In diesem Fall gäbe es kein von den Banken erschaffenes Giralgeld mehr, weswegen man im Zusammenhang mit diesem Ansatz auch von Vollgeld spricht.

Der Einsatz von Zentralbank- und Giralgeld
Um das Ganze etwas anschaulicher zu machen, hier ein kleines Beispiel: Nehmen wir mal an, Herr Meier will bei der Deutschen Bank einen Kredit über 1000 € aufnehmen. Die Deutsche Bank schreibt ihm auf seinem Konto 1000 € gut und in ihren Büchern eine Forderung von 1000 € an Herrn Meier auf. Die Bank hat damit 1000 € neues Giralgeld geschaffen – sie verspricht Herrn Meier, ihm auf Wunsch 1000 € Zentralbankgeld in Form von Geldscheinen auszuzahlen. Aufgrund der Mindestreserveregelung muss die Deutsche Bank lediglich 10 € auf ihrem Zentralbankkonto haben, um die 1000 € Giralgeld aus dem Nichts auf das Konto von Herrn Meier zu schaffen. Da die Bank einerseits eine Forderung von 1000 € und andererseits ein Zahlungsversprechen von 1000 € neu geschaffen hat, hat sie auch nicht einfach Geld in der eigenen Tasche erzeugt.
Herr Meier hebt jetzt 100 € von seinem Konto ab: Die Bank zahlt ihm das Geld in Geldscheinen, also in Zentralbankgeld, aus, und muss daher ihren Kontostand bei der Zentralbank um 100 € verringern. Dafür verringert sie das Giralgeld auf Herr Meiers Konto um 100 €. Für die restlichen 900 € auf Herr Meiers Konto muss die Bank noch 9 € Mindestreserve vorhalten.
Jetzt überweist Herr Meier 300 € an Herr Müller, der auch ein Konto bei der Deutschen Bank hat. Hier muss die Deutsche Bank nur Giralgeld umbuchen: Sie verringert Herr Meiers Kontostand um 300 € und erhöht Herr Müllers Kontostand um 300 €. Da kein Zentralbankgeld die Bank verlässt, ändert sich am Kontostand bei der Zentralbank nichts. Und die Deutsche Bank muss für die verbliebenen 600 € auf Herr Meiers zwar nur noch 6 € Zentralbankgeld vorhalten, also 3 € weniger, aber für Herr Müllers Konto, das um 300 € angewachsen ist, 3 € mehr – die Mindestreserve, die die Bank halten muss, ändert sich also auch nicht.
Nun will Herr Meier aber noch 400 € auf das Konto von Herrn Schulze bei der Dresdner Bank überweisen. Jetzt reicht es nicht mehr, einfach nur Giralgeld umzubuchen, denn ihr eigenes Giralgeld kann die Deutsche Bank nicht an die Dresdner Bank überweisen (das wäre so, als wenn ich in einem Laden mit einem selbstgemalten Geldschein bezahle). Sie muss also die 400 € in Zentralbankgeld überweisen. Das Zentralbankgeld fließt vom Zentralbankkonto der Deutschen Bank auf das Zentralbankkonto der Dresdner Bank (die Kontonummern dieser Zentralbankkonten kennen wir übrigens unter dem Begriff „Bankleitzahl“). Sie verringert Herr Meiers Kontostand dabei um 400 € Giralgeld auf nunmehr 200 €, für die sie noch 2 € Zentralbankgeld vorhalten muss.
Die Deutsche Bank musste dank Herr Meier einiges an Zentralbankgeld weggeben. Glücklicherweise gleicht sich das dadurch wieder aus, dass Herr Müller noch 1100 € in bar auf sein Konto einzahlt. Die Deutsche Bank nimmt die 1100 € in Zentralbankgeld an sich und erhöht dafür seinen Kontostand um 1100 € Giralgeld. Dafür muss sie lediglich 11 € mehr in der Mindestreserve vorhalten.

Was hat die Bank von ihrem Privileg, Giralgeld zu erschaffen, wenn sie das Geld doch wieder als Zentralbankgeld auszahlen oder überweisen muss? Nun, zum einen muss man sich vor Augen halten, dass sich Ein- und Auszahlungen sowie Überweisungen von und an andere Banken meist in etwa ausgleichen; daher sind die täglichen Änderungen auf den Zentralbankkonten der Banken meist sehr gering. Und zum anderen muss die Bank sich deutlich weniger Geld von der Zentralbank leihen, als sie an ihre Kunden in Form von Krediten weitergibt. Der Kunde zahlt Zinsen für die volle Kreditsumme, die er von der Bank erhält, die Bank zahlt nur Zinsen für 1% dieser Summe, nämlich die Mindestreserve (plus das Zentralbankgeld, das sie für Überweisungen und Barauszahlungen in Reserve halten muss). Daher ist das Privileg, Giralgeld zu erschaffen, für die Banken Milliarden wert; die genaue Summe hängt natürlich vom Zinssatz und der geschaffenen Menge Giralgeld ab, aber die niedrigsten mir bekannten Schätzungen gehen von ca. 20 Mrd. € jährlich allein in Deutschland aus. Das Verhältnis zwischen Giralgeld und Zentralbankguthaben der Geschäftsbanken lag im Januar 2008 bei etwas über 30:1; durch die Notmaßnahmen im Zug der Eurokrise ist es seither etwas gesunken (da mehr Zentralbankgeld geschaffen wurde).

Zusammengefasst: Die Zentralbank erschafft Geld in Form von Geldscheinen und indem sie Geschäftsbanken Geld auf deren Konten bei der Zentralbank gutschreibt. Dieses Zentralbankgeld brauchen die Banken für Geldgeschäfte mit anderen Banken und zum Auszahlen von Bargeld. Außerdem benötigen sie es als Mindestreserve für das Giralgeld, das sie selbst erschafft und ihren Kunden als Kredit gibt. Die Bank braucht von der Zentralbank also viel weniger Geld, als sie selbst verleiht.
Der Lehrbuchweg für die Gelderschaffung lautet also: Die Zentralbank sieht die Notwendigkeit für mehr Geld im System, erschafft und versteigert es, die Banken erschaffen ein Vielfaches und verleihen es. Da die Zentralbank regelt, wie viel Zentralbankgeld die Banken bekommen, bestimmt sie in der Theorie auch, wie viel Giralgeld die Banken erschaffen können. Die Praxis sieht allerdings noch ein wenig anders aus.

Zentralbankgeld auf Bestellung
Zum einen müssen die Banken die Mindestreserveanforderungen nicht jede Stunde oder jeden Tag erfüllen, sondern nur über den Durchschnitt einer sogenannten Erfüllungsperiode, die im Normfall vier oder fünf Wochen dauert. Hatte die Bank also eine Zeitlang eine zu geringe Mindestreserve, muss sie lediglich am Ende der Periode eine entsprechende Summe Zentralbankgeld ersteigern.
Zum anderen müssen die Banken nicht auf die Versteigerung der Zentralbank warten, wenn sie Zentralbankgeld wollen – sie können es sich von der Zentralbank jederzeit in unbegrenzter Menge leihen, müssen dann aber einen etwas höheren Zinssatz zahlen (sog. Spitzenrefinanzierungssatz), der in der Regel 1% (aktuell 0,75%) über dem Mindestzinssatz bei Versteigerungen (= der Hauptrefinanzierungssatz oder „Leitzins“) liegt. Mit anderen Worten: Die Zentralbank nimmt in der Praxis so gut wie keinen Einfluss auf die gesamte Geldmenge, diese Macht liegt praktisch ausschließlich bei den Geschäftsbanken. So haben die Geschäftsbanken in der Boomzeit zwischen 1992 und 2008 die Geldmenge in Deutschland fast verdoppelt, während das nominale, also nicht inflationsbereinigte, Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur um ca. 50% stieg. Umgekehrt hat die US-Notenbank seit Beginn der Finanzkrise riesige Mengen an Zentralbankgeld bereitgestellt, ohne dass die in Umlauf befindliche Giralgeldmenge auf die gewünschte Höhe anstieg – die Geschäftsbanken wollten einfach kein Geld verleihen. Dieses Beispiel zeigt eindrücklich auf, dass die Macht über die in Umlauf befindliche Geldmenge in der Praxis bei den Geschäftsbanken liegt. Wir haben eine weitgehend in privater Hand befindliche Geldversorgung.
Das einzige Mittel der Zentralbank zur Steuerung der Geldmenge sind die drei Leitzinssätze, von denen in einem späteren Eintrag über Geldpolitik noch die Rede sein wird.

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* Ein technisches Detail für alle, die es ganz genau haben wollen (Stand: Januar 2013): Seit Oktober 2008 setzt die EZB aufgrund der Finanzkrise vorübergehend ein anderes System ein, nämlich das Mengentender-Verfahren: Die EZB nennt einen Prozentsatz, zu dem sie Geld leiht, die Banken erklären, wieviel Geld sie zu diesem Zinssatz leihen wollen. Normalerweise ist die Geldmenge, die verliehen wird, begrenzt, und die Banken erhalten von der Geldmenge einen Anteil entsprechend ihres Anteils an den abgegebenen Geboten. Um Engpässe bei der Geldversorgung zu vermeiden und weil eine hohe Geldversorgung der Banken zur Zeit gewünscht ist, werden von der EZB aber gegenwärtig alle Gebote vollständig und ohne Obergrenze bedient. Das Verfahren wird nur vorübergehend eingesetzt, allerdings ohne ein festgelegtes Enddatum.

9 Kommentare

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  1. Timo Ollech / Apr 27 2013 23:34

    Einspruch: Das ZB-Geld wird erst in dem Moment erzeugt, in dem das Tenderverfahren abgeschlossen ist, d.h. erst indem die ZB die Wertpapiere der Banken diskontiert, entsteht zusätzliches ZB-Geld. So ganz „aus dem Nichts“ entsteht kein Geld, da ist der Artikel irreführend. Und um „unendlich viel“ Geld zu erschaffen, müssten auch unendlich viele Schuldtitel zum Diskontieren verfügbar sein.
    Auch dem Bargeld stehen übrigens solche Schuldtitel in der ZB-Bilanz gegenüber.

    Ich reite da so drauf herum, weil Geld durch eine Buchung entsteht, und das ist bei der ZB genau wie bei den Geschäftsbanken eine doppelte Buchung Soll an Haben.

    Man kann und sollte sich nun natürlich darüber streiten, inwiefern Schuldverschreibungen & Staatstitel eine sinnvolle „Deckung“ des Geldes sind.

    • AL / Mai 3 2013 21:41

      Zunächst mal sorry für das späte Freischalten und die späte Antwort – irgendwie kam keine Benachrichtigung, dass ein Kommentar eingegangen ist…

      Ja, aber…
      Formal hast Du mit Deinen Einwänden Recht, aber ich muss sie doch etwas ergänzen.

      1. Das Geld entsteht technisch betrachtet tatsächlich erst in dem Moment, in dem die Bank es auf dem ZB-Konto der Bank gutschreibt. Allerdings ist die Frage, wann die Zentralbank das Geld tatsächlich hat, während sie es gegen Schuldtitel versteigert, m.E. eher philosophischer Natur. Genau genommen hat die ZB die Gewissheit, bei Bedarf jederzeit Dinge mittels Zentralbankgeld kaufen zu können. Ob ich einen Geldbeutel habe, in dem zur rechten Zeit das Geld immer erscheint, oder das Geld schon drin ist, ist m.E. in der Praxis ein unbedeutender Unterschied. Da es sich nur um ein technisches Detail handelt, das für das Wirtschaftsleben keinen Unterschied macht, habe ich es weggelassen.

      2. Unendlich viel Geld (Bargeld oder Geld auf Zentralbankkonten) gibt es nur gegen unendlich viele Schuldtitel, sagst Du. Das stimmt, aber Schuldtitel lassen sich in der Praxis auch unendlich viele erzeugen, und jemanden, der Schuldtitel gegen Zentralbankgeld hergibt, sollte man auch leicht finden ;-). Die einzige Frage ist, was die Zentralbank als Sicherheit akzeptiert, und das entscheidet… die Zentralbank. Die ZB ist in der Theorie von außen limitiert, in der Praxis nur von sich selbst.

      3. Richtig, das Geld entsteht wie bei der Geschäftsbank durch eine doppelte Buchung an Soll und Haben: Die Zentralbank erhält den Wechsel und gibt dafür gesetzliches Zahlungsmittel in gleicher Höhe. Nur: Bei der Geschäftsbank ist das gewährte Giralguthaben das Versprechen, auf Wunsch Zentralbankgeld in gleicher Höhe zur Verfügung zu stellen – Zentralbankgeld, das die Geschäftsbank nicht herstellen kann, sondern sich besorgen muss. Bei der ZB ist das gewährte Zentralbankguthaben nicht das Versprechen auf ZB-Geld, sondern es ist ZB-Geld selbst – gesetzliches Zahlungsmittel, das die ZB sich nicht hat besorgen müssen, und für das sie etwas Verkaufbares wie z.B. Staatsanleihen kauft. In der Praxis ist das m.E. die Erschaffung von Geld aus dem Nichts.
      Die Geschäftsbank muss für ihre Forderung etwas aufgeben, das für sie begrenzt ist; die Zentralbankgeld gibt für ihre Forderung etwas auf, von dem sie so viel schaffen kann, wie sie ausgeben will. DAS ist der wesentliche Unterschied zwischen ZB-Geld-Schöpfung und Giralgeld-Schöpfung.

      4. Die Schuldverschreibungen und Staatstitel sind in keiner Hinsicht Deckung für das Geld, sie sorgen nur dafür, dass die Geschäftsbanken das zusätzlich benötigte Zentralbankgeld nicht einfach geschenkt bekommen. Fiatgeld hat keine Deckung (wenn man davon absieht, dass man es braucht, um Steuern zu bezahlen). Und es braucht eben auch keine Deckung, sondern nur das Vertrauen der Bürger, dass sie für das Geld etwas von entsprechendem Wert bekommen. Nichts weiter ist notwendig, damit Geld als Geld fungieren kann.

  2. DerChris / Jun 24 2016 21:18

    Vielen Dank für diesen informativen Artikel. Wie wohl irgendwie jeder hatte ich bisher angenommen, die Banken würden ausschliesslich mit dem Geld ihrer Kunden operieren.
    Da tun sich bei mir doch einige Fragen auf. Ich würde mich freuen, wenn Sie darauf eingehen könnten.

    1.) Was passiert, wenn ein Darlehen nicht zurückbezahlt werden kann? Beispiel: Ich leihe mir 1000 EUR, kann aber nur 100 zurückzahlen. Löscht die Bank dann das Konto und die Gesamtgeldmenge hat sich um 900 EUR verringert? Oder muss die Bank den Verlust verkraften? Also wer haftet hier?

    2.) Mit diesem 100:1 Hebel von verliehenem Geld zu echtem eigenem Geldeinsatz lassen sich doch bestimmt eine Menge Dinge anstellen. ZB. der Aufbau von Macht, denn der Hebel bedeutet ja Macht. Bei diesem Geschäftsvorteil hätte ich als Bank doch immer ein Team kluger Köpfe am Start, die nichts anderes tun, als sich zu überlegen, wie man den Hebel ‚exploiten‘ könnte. Gibt es dazu Erkenntnisse? Das System erscheint mir völlig wahnsinnig und vor allem absolut ungerecht gegenüber jedem anderen Business.

    3.) Was muss ich tun, um eine Bank aufzumachen? War nur Spass ;-).

    Ich freue mich auf Ihre Antwort.

    • AL / Jun 26 2016 13:53

      Vielen Dank für das positive Feedback und die guten Fragen – zwei Dinge, über die man gar nicht anders kann als sich freuen 🙂

      Zur Frage 1: Die kurze Antwort lautet: Die Bank muss den Verlust verkraften. Sie kann die 900 EUR nicht zurückholen, indem sie das Konto löscht – weil das Geld schon weg ist.
      Die lange Antwort lautet:
      Die 900 EUR sind nicht mehr auf dem Konto, die Bank hat also keinen Zugriff mehr auf das Geld. Sie versucht, es von Ihnen zurückzubekommen. Wenn Sie das Geld aber nicht zurückzahlen können, liegt das daran, dass Sie es nicht mehr haben, es sich also inzwischen anderswo im Geldkreislauf befindet (schön beschrieben durch den bekannten Satz „Das Geld ist nie weg, es hat immer nur ein Anderer“). Es ist jetzt entweder a) auf einem anderen Konto bei der gleichen Bank oder b) außerhalb der Bank (durch eine Überweisung oder eine Barabhebung).
      Fall a): Die Bank hat jetzt ein Zahlungsversprechen gegenüber dem Inhaber dieses anderen Kontos. Wenn die Bank das Geld von diesem anderen Konto wegbuchen würde, würde sie dieses Zahlungsversprechen verletzen – was sie nicht darf.
      Fall b): Das Geld hat die Bank als Bargeld oder als Überweisung zu einer anderen Bank verlassen. In beiden Fällen hatte die Bank eigenes Zentralbankgeld auszahlen müssen, um das Guthaben auf Ihrem Konto (also das Zahlungsversprechen der Bank an Sie) zu verringern. Die Bank hat also ihren Vorrat an Zentralbankgeld verringern müssen – und das Zentralbankgeld kann sie nicht aus dem Nichts herholen oder erschaffen. Das Geld ist also erst recht weg.

      Zu Frage 2: Die Menge an Dingen, die sich mit dem 100:1-Hebel anstellen lassen, ist dadurch begrenzt, dass das zusätzliche Geld nur Giralgeld, also ein Zahlungsversprechen der Bank ist. Die Bank kann damit nur Guthaben auf den Konten ihrer Kunden erzeugen; sobald das Geld die Bank verlassen soll, muss die Bank in „richtigem“ Geld, in Zentralbankgeld, zahlen. Der Hebel ermöglicht es der Bank letztlich nur, Kunden Geld zu verleihen, das sich die Bank vorher nicht beschaffen musste, – also Zinsen für Geld zu verlangen, für das sie selbst keine Zinsen zahlen muss (weil sie es selbst erzeugt hat). Das tun die Banken schon. Ob oder inwieweit die Banken diese Möglichkeit zur Kreditvergabe nutzen, um sich Leute oder Interessensgruppen gewogen zu machen, kann ich nicht sagen, weil ich mich nicht damit beschäftigt habe.
      Die tatsächliche Macht der Banken liegt in meinen Augen auch eher darin, dass sie in beinahe beliebigen Mengen an Zentralbankgeld kommen können – Geld, das sie dann z.B. wieder an Staaten verleihen können und über das sie Druck ausüben können (das sind dann „die Märkte“, die mehr Zinsen für Staatsanleihen verlangen). Eine Bank muss schon ziemlich leichtsinnig sein, um in solche Schieflage zu geraten, dass sie kein Geld mehr von der Zentralbank erhalten kann.
      Zu Frage 3: 😉 Der erste Schritt dürfte sein, schon richtig viel Geld zu haben. Sobald Sie die erste Milliarde Ihr Eigen nennen können, lasse ich mich gerne als kostspieliger Berater für eine Bankgründung anheuern – falls ich genügend Zeit bekomme, vorher die ganzen Vorschriften zu lesen 😀

      • Timo Ollech / Jun 26 2016 20:14

        Zu Frage 1: In der Praxis ist es nicht damit getan, dass jemand „nur 100 Euro zurückzahlen kann“. Der Schuldner kann seinen Schuldendienst nicht leisten und kommt damit in Privatinsolvenz. Dabei versucht die Bank noch möglichst viel der ausstehenden Tilgungssumme vom Schuldner einzutreiben. Was dann immer noch fehlt, verbucht die Bank als Forderungsausfall.

  3. Philipp / Sept 8 2016 10:34

    Für welche Art von Einlagen müssen die Banken bei der EZB Strafzinsen bezahlen? Warum behalten die Banken das Geld nicht einfach. Finde dazu keine vernünftige Antwort, nur dass die Mindestreserve nicht betroffen ist.

    • AL / Sept 8 2016 19:48

      Die Banken müssen Strafzinsen auf Geld auf ihrem Zentralbankkonto bezahlen. Dieses Geld ist Zentralbankgeld – und Zentralbankgeld existiert immer nur auf einem Konto bei der Zentralbank oder als Bargeld. Die Banken können es also auf keine andere Art behalten als es auf dem Zentralbankkonto liegenzulassen oder es in Bargeld umzuwandeln. Das Bargeld wäre nur sehr aufwändig zu lagern und an Geschäftspartner weiterzugeben, diese Lösung wäre also teurer als das Hinnehmen der Strafzinsen.

  4. Hugo / Jan 21 2018 13:44

    Ich fasse zusammen:
    Alle Wirtschaftsteilnehmer, außer den Banken selbst, bekommen Geld nur, wenn sie einen Kredit aufnehmen und müssen dafür Zinsen zahlen.
    Allerdings gehören ja die Banken letztendlich natürlichen Personen. Diese müssen ja Unmengen von Geld herausnehmen können und unvorstellbar reich werden.
    Dieses Vermögen müssen sie dann ja gewinnbringend, bzw. Macht und Einfluss gewinnend, investieren.
    Das bedeutet, sie müssen versuchen den Besitz der Normalbürger weiter an sich zu reißen.
    Da wären wir dann beim Kampf zwischen „Arm“ und Superreich, von dem Waren Buffet spricht.
    Wie sehen sie das?

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